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Kein Raum für häusliche Gewalt!

Die Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vom 16. November 2022 stand im Zeichen des Kampfes gegen häusliche Gewalt. Anlass dafür war eine umfangreiche Debatte im Ausschuss für Gleichstellung über die Tabuisierung häuslicher Gewalt und die damit einhergehende Einsamkeit vieler Opfer. Der Femizid an Zohra G., der im April bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte, ist ein traurig-berühmtes von unzähligen Beispielen. In Deutschland geschieht jeden dritten Tag ein Femizid, bei dem eine Frau durch die Hand ihres Partners oder Ex-Partners ermordet wird. Auch die Corona-Pandemie hat die Lage verschlimmert, denn die Fälle von häuslicher Gewalt sind seit 2020 drastisch angestiegen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat jüngst einen Bericht veröffentlicht der schlussfolgert, es fehle „derzeit eine umfassende nationale Strategie zur Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen.“ So auch in Pankow, denn laut dem Bezirksamt stehen für die Umsetzung der Istanbul-Konvention „derzeit keine personelle und/oder finanziellen Ressourcen zur Verfügung.“

Die demokratischen Fraktionen der Pankower BVV haben sich entschieden geschlossen dagegenzuhalten und dem Thema häusliche Gewalt besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Insgesamt wurden von Bündnis90/Die Grünen, Linke, SPD, CDU und FDP 12 Anträge eingereicht, die bezirkliche Mittel nutzen sollen, um häusliche Gewalt zu bekämpfen.

Antrag zu Täterarbeit

Ein Fokus liegt dabei auch auf Präventionsmaßnahmen in Form von Täterarbeit. In einem gemeinsamen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, Linke, SPD und CDU wird das Bezirksamt aufgefordert, sich auf Landesebene für die Schaffung eines Angebotes der „Täterarbeit häusliche Gewalt“ einzusetzen.

„Wir müssen uns auch mit der Prävention häuslicher Gewalt beschäftigen, denn das gesellschaftliche Ziel muss die vollständige Beendigung der Gewalt sein.“, erklärt Helene Bond, Sprecherin für Soziales der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. „Täter sind für ihr Verhalten selbst verantwortlich und in den allermeisten Fällen geht die Gewalt von Männern aus. Täterarbeit konzentriert sich deshalb explizit auf gewalttätige Männer und ist für die Prävention und Bekämpfung häuslicher Gewalt eine zentrale Säule. Denn: gewalttätiges Verhalten ist erlernt. Und man kann auch lernen es abzulegen. Dafür braucht es aber entsprechende Maßnahmen und Angebote“, so Bond.

Konzept für eine kulturelle Veranstaltungsreihe zum Internationalen Aktionstag „NEIN zu Gewalt an Frauen“

Ein Antrag der Linksfraktion, Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen setzt einen Schwerpunkt auf Bewusstseinsbildung und Prävention. Jährlich zum 25. November soll ämterübergreifend gemeinsam mit Pankower Künstler*innen, Frauen- und Migrant*innenprojekten, Stadteilzentren und Kinder- und Jugendeinrichtungen das Thema "Nein zu Gewalt an Frauen" kreativ bearbeitet und umgesetzt werden, um die größte Menge an Menschen zu erreichen und zu sensibilisieren. Die Umsetzung der Istanbul-Konvention hat für die Fraktion höchste Priorität.

“Uns ist besonders die gemeinsame Arbeit mit Bezirksamt und Zivilgesellschaft wichtig", betont Kirsten Wechslberger, Sprecherin für Kultur- und Gleichstellungspolitik der Linksfraktion. "Kreative Bearbeitung und Umsetzung trägt dazu bei, dass Menschen eine stärkere emotionale Bindung zum Thema herstellen und so Informationen besser annehmen und verarbeiten können als z.B. bei reinen Informationsveranstaltung.”

Die Veranstaltungsreihe soll erstmals zum 25. November 2023 starten.

Antrag zur Sichtbarmachung häuslicher Gewalt

Ein Antrag von CDU und Bündnis 90/Die Grünen soll für eine stärkere Sensibilisierung für das Thema häusliche Gewalt in der öffentlichen Verwaltung sorgen. So sollen Verwaltungsmitarbeiter in besonders relevanten Bereichen, wie dem Jugendamt oder dem Ordnungsamt, Seminar-angebote erhalten, die ihnen helfen sollen, Anzeichen häuslicher Gewalt rechtzeitig zu erkennen und Betroffene zu unterstützen. Zudem soll die Öffentlichkeit besser über bestehende Hilfsangebote mithilfe der bezirklichen Mittel der Öffentlichkeitsarbeit informiert werden.

„Häusliche Gewalt findet viel zu häufig im Verborgenen statt. Es ist noch immer ein Tabu-Thema in der Öffentlichkeit, man spricht nicht darüber. Davon jedoch profitieren nur die Täter. Mich bewegt vor allem, dass es häufig die Kinder in Gewalt-Haushalten sind, die ganz besonders leiden“, erklärt Denise Bittner, die Vorsitzende der CDU-Fraktion uns unsere Stellvertreterin. „Mit unserer gemeinsamen Initiative wollen wir häusliche Gewalt stärker sichtbar machen. Betroffene wollen wir so besser schützen und ihnen zeigen: Ihr seid nicht allein. Wenn ihr bereit seid, könnt ihr Hilfe bekommen.“

Mehr Schutzplätze für Frauen und Mädchen und eine Öffentlichkeitskampagne

Mit zwei weiteren Anträgen setzen sich SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen für eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit ein, sowie für mehr Schutzplätze in Zufluchtswohnungen und in Frauenhäusern.

Dazu erklärt Ulrike Rosensky, Frauen- und Gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion: "Unser Ziel ist es, betroffenen Frauen und Mädchen Mut zu geben, ihre Situation bekannt zu machen und Hilfe anzunehmen. Jetzt schon müssen betroffene Frauen, die Hilfe in geschützten Räumen, wie Frauenhäusern, suchen, abgelehnt werden, weil es keine Plätze gibt. Deshalb regen wir an, dass bei allen landeseigenen Neubauprojekten, ein Kontingent an Schutzplätzen für Frauen und ihren Kindern, festgelegt wird. Des Weiteren wollen wir Mädchen und Frauen schon frühzeitig stärken, indem wir Selbstverteidigungskurse an Volkshochschulen fördern wollen."